Zeichnen ist eine Art des Denkens, ein vorsprachliches Denken, das zwischen Gestus und Linienführung wechselt.
Zeichnen und Schreiben sind verwandt und gleichzeitig doch unterschiedlich. Das Schreiben ist eher im Bewussten, im Willkürlichen als Ausdrucksform verankert. Das Zeichnen öffnet sich stärker dem Unwillkürlichen und dem Vorbewussten – es schafft Bildräume.
Meine Arbeit ist eine Gratwanderung zwischen diesen beiden Prozessen. Linien und Punkte werden zu Zeichen, zu Wörtern und Notationen. Es ist ein Spiel mit Aufschreibsystemen, die eine Umdeutung erfahren. Der Kontext wird verlassen, verschoben oder verdichtet, Bedeutung wird zu Gunsten neuer Deutungen aufgelöst.
Das Zusammenspiel von Notationen und Schrift, von Text und Bild, von Visuellem und Klanglichem hat sich im Laufe der Zeit zu meinem Arbeitsschwerpunkt entwickelt. Dabei leiten mich die Fragen: wie beziehen sich unterschiedliche Zeichensysteme auf einander? In welchem Verhältnis stehen das Sichtbare (das Zeichensystem, die Abbildung) und das Unsichtbare (das Repräsentierte, der Klang)?
Diesen Themen gehe ich zeichnerisch in Collagen, Bildern sowie in räumlichen Installationen und Objekten nach, die ich als Serien oder Themengruppen anlege.
Die Beschäftigung mit philosophischen, wissenschaftlichen sowie literarischen Texten (z.B. von Hannah Arendt, Gertrude Stein, Walter Benjamin, Ludwig Wittgenstein, Paul Valéry) bildet die Basis meiner Arbeit. Textzitate oder auch nur Begriffe verbinde ich zeichnerisch mit Notenfragmenten von Kompositionen, die in der Mehrzahl im 20. Jahrhunderts komponiert wurden (z.B. von Dieter Schnebel, Morton Feldman, Luigi Nono, Paul Heinz Dittrich, György Ligeti). Die Notentexte liegen meist als handschriftliche Faksimile vor. Dabei geht es mir darum sprachlich und musikalisch verfasste Gedanken in visuelle Kompositionen zu übersetzten. Das Konzept der Partitur, der Anordnung verschiedener „Stimmen“ wird von mir auf den Bereich der Bilder ausgeweitet.
Meine Werkstoffe sind in erster Linie Papiere, Seide, Pappe, Wachs, Holz und Bambus. Für die Statik nutze ich zumeist Stein, Holz und Metall. Der Untergrund für meine Zeichnungen und Skripturen ist abhängig von den verwendeten Materialien und deren Oberflächenstruktur. Linien, Schrift und Zeichen begegnen sich sowohl im gestischen Duktus als auch in der durchdachten Setzung.